
Volles Wartezimmer, klingelndes Telefon, der nächste Visitenlauf steht an – und dann erzählt ein Patient zum dritten Mal dieselbe Geschichte. Wer als Arzt arbeitet, kennt solche Situationen nur zu gut. Inmitten von Zeitdruck, Personalmangel und medizinischer Verantwortung wird Geduld oft zur unsichtbaren Superkraft. Dabei ist sie nicht nur für das Wohl der Patienten entscheidend, sondern auch für die eigene Gesundheit. In diesem Artikel schauen wir uns an, was Geduld im Spitalsalltag bedeutet, warum sie oft schwerfällt und wie man sie trainieren kann – ganz praktisch und ohne esoterische Umwege.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Geduld im ärztlichen Alltag?
Geduld ist mehr als nur das Aushalten von Wartezeiten. Für Ärzte bedeutet sie vor allem, auch in herausfordernden Situationen ruhig und konzentriert zu bleiben. Etwa wenn Diagnosen nicht eindeutig sind, Angehörige verunsichert nachfragen oder Therapien nicht wie erhofft anschlagen. Geduld zeigt sich auch im Umgang mit sich selbst – zum Beispiel dann, wenn man trotz bestem Bemühen keine unmittelbare Lösung findet. Sie ist essenziell, um Fehler zu vermeiden, Empathie zu zeigen und langfristig eine gute Patientenbindung aufzubauen.
Warum Geduld oft auf der Strecke bleibt
Der Krankenhausalltag ist geprägt von Hektik, Multitasking und permanentem Entscheidungsdruck. Kaum eine Berufsgruppe muss sich so häufig auf neue, oft komplexe Situationen einstellen wie Ärzte. Da fällt es schwer, jedem Patienten oder Kollegen die nötige Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken.
Hinzu kommt: Viele medizinische Fälle sind emotional aufgeladen – Ängste, Unsicherheiten oder auch Unverständnis auf Patientenseite fordern zusätzlich. Wer in diesem Spannungsfeld arbeitet, merkt schnell, wie dünn die Geduld manchmal wird.
Wenn die Geduld reißt – Risiken für Patienten und Ärzte
Ein ungeduldiger Moment kann mehr als nur ein rauer Tonfall sein. Patienten spüren schnell, wenn ihnen nicht richtig zugehört wird – das kann das Vertrauen beeinträchtigen oder sogar dazu führen, dass wichtige Informationen nicht übermittelt werden. Im schlimmsten Fall entsteht daraus eine Fehldiagnose oder ein unnötig verzögerter Behandlungsverlauf.
Auch für den Arzt selbst hat mangelnde Geduld Folgen: Wer permanent unter Druck agiert, neigt zu emotionaler Erschöpfung und langfristig zum Burnout. Geduld ist daher auch ein Mittel zur Selbstfürsorge.
Geduld trainieren – mit einfachen Mitteln
Geduld ist keine Charaktereigenschaft, die man hat oder nicht – sie lässt sich trainieren. Hier einige bewährte Strategien:
- Atempausen einbauen: Die „4-7-8“-Atemtechnik hilft, kurzfristig Ruhe zu finden – vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden halten, acht Sekunden ausatmen
- Gedankenstopp bei Stress: Wer merkt, dass er ungeduldig wird, kann bewusst innehalten und sich fragen: „Was genau stresst mich gerade? Wie wichtig ist das wirklich?“
- Reflexion nach der Schicht: Rückblickend überlegen, in welchen Situationen Geduld gefordert war, wie man reagiert hat – und was man nächstes Mal anders machen würde
- Fortbildung nutzen: Kurse wie das „ÖÄK-Diplom Psychosoziale Medizin“ stärken die Kommunikationsfähigkeit und helfen, geduldiger auf Patienten einzugehen
- Peer-Austausch suchen: Kollegiale Gespräche helfen, schwierige Situationen zu verarbeiten und neue Perspektiven zu gewinnen
Was Kliniken tun können
Geduld darf keine reine Privatsache sein. Auch die Klinikorganisation kann dazu beitragen, dass Ärzte im Alltag geduldiger agieren können:
- Pausenkultur etablieren: Wer nie durchatmen kann, verliert schneller die Nerven
- Dienstpläne entzerren: Überlastung macht ungeduldig – eine bessere Personalverteilung wirkt hier Wunder
- Offene Kommunikation fördern: Wenn Ärzte offen über Belastungen sprechen dürfen, sinkt der innere Druck
- Schulungsangebote etablieren: Trainings zur Gesprächsführung, Stressbewältigung und Achtsamkeit zahlen sich langfristig aus
Fazit: Geduld ist trainierbar – und unverzichtbar
Im hektischen Spitalalltag wirkt Geduld manchmal wie ein Luxus. Doch sie ist eine Schlüsselkompetenz – nicht nur für die Qualität der Versorgung, sondern auch für die mentale Gesundheit der Ärzte. Wer sich regelmäßig kleine Pausen gönnt, klar kommuniziert und sich bewusst reflektiert, schafft es auch in stressigen Zeiten, die Ruhe zu bewahren. Geduld ist kein Zeichen von Schwäche – sondern von Stärke, Weitblick und Professionalität.