
Digitale Tools sind aus dem Krankenhaus nicht mehr wegzudenken. Im hektischen Alltag im Spital zählt jede Minute. Deswegen ist „Zeit“ eine der kostbarsten Ressourcen. Dabei müssen nicht nur die Patientenversorgung, Visiten, Besprechungen und Dokumentationen organisiert werden. Auch die Selbstorganisation im Stationsalltag wird immer komplexer und anspruchsvoller. Digitale Tools und Apps bieten hier längst wertvolle Unterstützung, doch ihr Potenzial wird vielerorts noch unzureichend ausgeschöpft. Dabei können smarte Helfer nicht nur die eigene Arbeitsstruktur verbessern, sondern auch die Patientenversorgung effizienter machen. Vorausgesetzt, sie werden sinnvoll ausgewählt, korrekt eingesetzt und datenschutzkonform genutzt. Der folgende Beitrag zeigt, wie das gelingen kann.
Inhaltsverzeichnis
Wo machen digitale Tools im ärztlichen Stationsalltag Sinn?
Die Selbstorganisation ist für Ärzte im Krankenhaus ein wesentlicher Faktor, um Prioritäten optimal zu setzen, Patienten bestmöglich betreuen zu können und stets den Überblick über administrative Pflichten zu behalten. Besonders in österreichischen Spitälern, wo chronischer Personalmangel und steigende Bürokratie oft den Arbeitsalltag bestimmen, können digitale Tools die persönliche Effizienz erheblich verbessern. Häufige Herausforderungen in der ärztlichen Selbstorganisation sind die Koordination zwischen multiprofessionellen Teams, die Nachverfolgung von Patientendaten, das schnelle Auffinden relevanter Leitlinien oder Checklisten sowie das Zeitmanagement zwischen Stationsarbeit, Fortbildungen und administrativen Anforderungen. Genau an diesen Punkten setzen digitale Tools an: Sie unterstützen bei der Strukturierung des Tages, erleichtern das Wissensmanagement und verbessern die Kommunikation im Team.
Auch die Künstliche Intelligenz (KI) hält zunehmend Einzug in den Klinikalltag. In Österreich werden KI-gestützte Systeme bereits zur Unterstützung bei der Bilddiagnostik, zur Risikoabschätzung und im Medikationsmanagement getestet. Solche Tools können Befunde vorsortieren oder Therapieoptionen vorschlagen. Sie ersetzen jedoch nicht die ärztliche Entscheidung, sondern dienen als ergänzende Assistenz. Besonders in der Forschung und Diagnostik verspricht KI künftig eine erhebliche Arbeitserleichterung.
Überblick: Digitale Tools und Apps für Ärzte
In Österreich erfreuen sich verschiedene digitale Tools wachsender Beliebtheit, die den ärztlichen Alltag auf Station erleichtern können. Einige davon im Überblick:
- Medbee: Eine App, die als mobile Wissensplattform für Ärzte konzipiert ist. Neben der Möglichkeit, medizinisches Wissen schnell nachzuschlagen, erlaubt sie den Austausch in geschützten Gruppen und die Erstellung persönlicher Wissenssammlungen. Besonders praktisch: der Zugriff auf Guidelines, Scores und klinische Entscheidungshilfen.
- AMBOSS: Amboss ist eine digitale Plattform für Ärzte. Sie bietet leitliniengerechtes Wissen aus allen Fachgebieten an einem Ort, jederzeit abrufbar. Mit der integrierten ifap-Arzneimitteldatenbank können Medikamente direkt geprüft werden. Amboss liefert praxisnahe Behandlungsempfehlungen und pharmaunabhängige Fortbildungen – ideal für den Stationsalltag, die Visite oder die Weiterbildung. Amboss bereitet das Wissen individuell auf und bietet eine rund-um-Lösung vom Studium bis zur Facharztprüfung.
- Siilo: Diese datenschutzkonforme Messenger-App wurde speziell für medizinisches Fachpersonal entwickelt. Sie ermöglicht die sichere Kommunikation im Team, den Austausch von Bildern und die direkte Patientenübergabe – ohne das Risiko herkömmlicher Messenger-Dienste.
- MDCalc: Eine App, die hunderte medizinischer Scores und Berechnungstools bietet – von der CHA2DS2-VASc-Score zur Schlaganfallprävention bis zum Wells-Score zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer Thrombose. Gerade bei komplexen Fällen spart das wertvolle Zeit.
- UpToDate: Für schnelle, evidenzbasierte Informationen am Point of Care nutzen viele österreichische Ärzte diesen kostenpflichtigen Dienst. Klinische Fragestellungen lassen sich so direkt im Alltag recherchieren.
- Doximity: Eine App zur sicheren Vernetzung und Weiterbildung, die in Österreich zunehmend von jüngeren Ärzten genutzt wird. Hierüber können Webinare besucht und Peer-to-Peer-Kontakte gepflegt werden.
- PubMed ist die weltweit größte medizinische Studiendatenbank mit über 38 Millionen Artikeln. Eine offizielle App gibt es nicht, aber die mobile Webseite ist benutzerfreundlich und für Smartphones optimiert.
Diese Auswahl lässt sich je nach Fachrichtung, persönlichen Vorlieben und Arbeitsumfeld ergänzen. Auch Task-Management-Apps wie Todoist oder Notion können helfen, Aufgaben übersichtlich zu strukturieren, sofern datenschutzrechtliche Vorgaben beachtet werden.
Datenschutz & IT-Rahmenbedingungen in Österreich
Ein zentrales Thema bei der Nutzung digitaler Tools im Krankenhausalltag ist der Datenschutz. In Österreich gelten, wie in der gesamten EU, die strengen Regelungen des Datenschutzgesetzes (DSG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Gerade wenn es um Patientendaten geht, sind höchste Sicherheitsstandards einzuhalten.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten darf nur auf Systemen erfolgen, die den Anforderungen der DSGVO sowie des österreichischen Datenschutzgesetzes entsprechen. Die meisten Krankenhausträger in Österreich haben eigene IT-Policies, die genau regeln, welche Apps und Programme genutzt werden dürfen. Wer also etwa Siilo oder Medbee dienstlich verwendet, sollte dies mit dem Datenschutzbeauftragten der jeweiligen Einrichtung abklären.
Zusätzlich müssen Apps technische Standards wie Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und Zugriffsschutz bieten sofern sensible Daten eingespeist werden. Die Österreichische Ärztekammer empfiehlt daher ausdrücklich, keine handelsüblichen Messenger wie WhatsApp für die Kommunikation über Patientenfälle zu verwenden.
Stolpersteine und Lösungen
Trotz des offensichtlichen Nutzens digitaler Helfer gibt es auch Hürden. Manche Systeme in österreichischen Spitälern sind veraltet und nicht mit neuen Apps kompatibel oder sind nur im klassischen Browser am PC nutzbar. Zudem mangelt es oft an flächendeckender Schulung des Personals im Umgang mit digitalen Tools. Auch Widerstände gegenüber technologischen Neuerungen sind keine Seltenheit.
Österreichische Spitäler setzen zunehmend auf digitale Lösungen zur Unterstützung im klinischen Alltag. Laut einem Bericht der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) aus Dezember 2022 sind bereits 116 digitale Gesundheitsanwendungen im intramuralen Bereich im Einsatz. Davon entfallen 71 auf Telemedizin und 43 auf KI-basierte Systeme, die zum Teil Diagnostik, Risikoabschätzungen oder Therapieentscheidungen unterstützen.
Rund die Hälfte dieser Anwendungen befindet sich bereits im Regelbetrieb, etwa in der Radiologie, Kardiologie und Orthopädie. Besonders aktiv sind Kliniken in Wien, Oberösterreich und Salzburg. Die GÖG zeigt damit auf, dass digitale Tools längst nicht mehr nur in Pilotprojekten getestet werden, sondern vielerorts fester Bestandteil des Klinikalltags sind.
Fazit
Digitale Tools und Apps bieten Ärzten in Österreich wertvolle Unterstützung in der Selbstorganisation auf Station. Dies reicht von der besseren Wissensorganisation über sichere Kommunikation bis hin zur schnellen Berechnung medizinischer Scores. Doch ohne klare Datenschutzrichtlinien, ausreichende Schulung und institutionelle Unterstützung bleiben viele dieser Potenziale ungenutzt.
Wer sich als Arzt digital besser aufstellen möchte, sollte daher nicht nur die richtigen Apps auswählen, sondern auch die IT-Vorgaben der eigenen Klinik kennen. Dann können digitale Helfer im Stationsalltag tatsächlich das leisten, was sie versprechen: Entlastung, Effizienz – und im besten Fall auch eine bessere Versorgung der Patienten.